Offener Brief an:

28.7.2011

Wo bleiben die Rettungsschirme
für die Menschen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Welt hängt schief: Während allein in den ostafrikanischen Ländern in diesen Wochen eine halbe Million Kinder vor dem Verhungern steht, ist es die Hauptsorge der Regierungen der europäischen Staatengemeinschaft, die täglichen Rating-Einstufungen zu verfolgen und die Zinszahlungen an die Banken sicherzustellen.

Die Hungerkatastrophe in Afrika ist die am meisten zugespitzte Auswirkung der Krisenumverteilung von unten nach oben. "Ein Kind, das am Hunger stirbt wird ermordet." Diesen Gedanken durfte der UNO-Menschenrechtsbeirat Jean Ziegler zur Eröffnung der diesjährigen Salzburger Festspiele nicht äußern. Dabei macht gerade die Hungerkatastrophe in Afrika deutlich, wie mörderisch die Abwälzung der Krisenfolgen auf die Menschen und Völker ist.

Eine karitative Krisenlösung wird es weder für Afrika noch für den Rest der Welt geben. Stattdessen muss endlich der Tanz ums goldene Kalb beendet werden!

Rettungsschirme werden seit Beginn der Finanzkrise ausschließlich für Banken und Unternehmen großzügig aufgespannt. Rettungsschirme für Kinder oder alte Menschen, für Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener gibt es nicht. Die Spaltung unserer Gesellschaft in Arm und Reich hat sich weiter zugespitzt. Unser Handeln ist notwendiger denn je:

Wir wenden uns deshalb an euch mit der Bitte und Aufforderung, gemeinsam mit uns Unruhe zu stiften! Wir, fast 1500 Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffende haben den bundesweiten Aufruf www.unruhestiften.de unterzeichnet. Es ist ein Aufruf gegen rechts, gegen die Abwälzung der Krisenfolgen und für die Umverteilung von oben nach unten, gegen die Kriegspolitik der Bundesregierung - und für die Förderung der kulturellen Vielfalt.

Er knüpft an eine bei vielen Menschen im Land vorhandene Grundstimmung an, daß für notwendige gesellschaftliche Veränderungen Unruhe erforderlich ist. Unruhe stiften ist für uns kein Selbstzweck.

An bundesweit namhaften KünstlerInnen, Kulturschaffenden und anderen Persönlichkeiten haben den Aufruf bislang Reinhold Andert, Lydie Auvray, Habib Bektas, Bernd Haake Band, Elfriede Brüning, Elga Sor-bas, Dietmar Dath, Franz Josef Degenhardt, Kai Degenhardt, Dieter Dehm, Die Bösen Mädchen, die ErnstBusch-Chöre Berlin und Kiel, Dr. Motte, EWO2, Wolfgang Gehrcke, Doris Gercke, Lutz Görner, Noutd Janssen (Bots), Ulla Jelpke, Luc Jochimsen, Wolfram P. Kastner, Sabine Kebir, Sonja Kehler, Dietrich Kittner, Klaus der Geiger, Angela Klein, Einhart Klucke, Bernd Köhler, Microphone Mafia, Dr. Annette Mühlberg, Quijote, Carl-Ludwig Reichert, Rotdorn, Erich Schaffner, Erasmus Schöfer, Schorsch & die Bagasch, Peter Sodann, Eckart Spoo, Konstantin Wecker, Guido Zingerl und viele andere unterstützt.

Die Bandbreite der Genres der unterzeichnenden Kulturschaffenden ist vielfältig: Schriftsteller, Rock- und Bluesbands, Liedermacher, Kunstmaler, Kulturvereinigungen, Märchenkutschen, Galeristen, Whiskeybotschafter, Journalisten, Theatergruppen, Chöre, Bücherstuben, Verlage, Silberschmiede, Fotografen, Stahlbildhauer, Atelierbesitzer, Folkgruppen, Satirezeitungen, Regisseure, Musik-Labels, Web-Designer, Gewerkschaftsfachgruppen, Folk-Musiker, Kunstbahnhöfe, Zauberkünstler, Tangotänzer, Schauspieler, Kabarettisten, Fachverbände für Trauerkultur...

Mit dem Projekt "Unruhe stiften" entstand ein neues breites Netzwerk und eine Kontaktliste linker Kulturschaffender in Deutschland. KünstlerInnen, die diesen Aufruf unterstützen, stehen für linke Inhalte - und für die Stiftung von Unruhe! Sie unterstützen in ihrem Umfeld Bewegungen, Aktionen und Veranstaltungen zu den Inhalten des Aufrufes. Die Unterschriftensammlung geht zeitlich unbegrenzt weiter. Wir würden uns freuen, wenn wir gemeinsam an möglichst vielen Orten der Republik Unruhe stiftet!

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