Studentenwerk kündigt
Räumung des ueTheaters an

Bis zum 29.03.2019 setzte das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz der studentischen Theatergruppe "ueTheater" die Frist, seine Theatersachen aus dem Fundus zu räumen und alle Probenschlüssel zurückzugeben. Gleichzeitig wurden dem Ensemble die Sommertermine gekündigt. Bald kein kritisches Theater mehr an der Uni?

Vorgeschichte

Seit Jahren setzt sich das ueTheater für die Erinnerung an die Volksschullehrerin Elly Maldaque ein, die in Regensburg als eines der ersten Opfer des aufziehenden Nationalsozialismus gilt. Unter anderem taufte es den Theatersaal im Studentenhaus in "Elly Maldaque Theater an der Uni" um, nachdem Universität und Studentenwerk ihre Unzuständigkeit erklärten.

Dem Studentenwerk war die Umbenennung von Anfang an ein Dorn im Auge. Schließlich veröffentlichte es sogar eine Richtlinie, in der es explizit heißt: "In allen Veranstaltungsankündigungen muss die Bezeichnung "Theater an der Uni" benutzt werden."

Wer nicht exakt diesen Namen benutzt und das entsprechende Logo abdruckt wird mit aberwitzigen Sanktionen belegt. Die betreffende studentische Laiengruppe muss plötzlich kommerzielle Miepreise zahlen, was eine Strafe von mehreren tausend Euro bedeutet.

Kleiner Funfakt nebenbei: Der offizielle, von der Eigentümerin Universität vergebene Name ist "Studententheater". Trotzdem verlangt das Studentenwerk als Betreiberin die Bezeichnung "Theater an der Uni", obwohl es dem ueTheater gegenüber schriftlich erklärte, Einrichtungen der Universität nicht umbenennen zu dürfen.

Prozess

Da das ueTheater auch weiterhin auf Plakaten und Flyern standhaft an Elly Maldaque erinnerte und statt der verlangten, irrwitzigen Rechnungsbeträge lediglich die für studentische Gruppen festgelegten Gebühren überwies, wurde vom Studentenwerk ein Prozess angestrengt.

Das ueTheater freute sich auf die Verhandlung, denn es war sicher, die Richtlinie könne vor Gericht keinerlei Bestand haben. Doch Richter Dippolt vom Landgericht Regensburg war offensichtlich nicht gewillt, seinen Job ordentlich zu machen. Statt die strittige Richtlinie per konkreter Normenkontrolle auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen, bezeichnete er das Vorbringen des ueTheaters über dessen Engagement für Elly Maldaque als "Mist".

Das ueTheater musste einem Vergleich zustimmen. Das Studentenwerk verzichtete auf seine maßlosen Forderungen, dafür verpflichtete sich das ueTheater, zukünftig die Richtlinie einzuhalten und den Studentenwerksnamen nebst geforderter Logos auf Werbemitteln abzudrucken.

Aktion "Kein Plakat"

Dieser Vorgabe kam das ueTheater akkurat nach. Um ja nichts falsch zu machen, verzichtete es sogar komplett darauf, Werbemittel für Veranstaltungen herauszugeben. Es verbreitete lediglich Plakate und Flyer mit der Aufschrift "Kein Plakat" bzw. "Kein Flyer". Auf dem Flyer war der Grund der Aktion vermerkt:

"Das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz verabschiedete eine Richtlinie, die dem ueTheater verbietet, auf Werbemitteln den Spielort zum Gedenken an das wohl erste Naziopfer Regensburgs weiterhin "Elly Maldaque Theater an der Uni" zu nennen. Stattdessen muss es heißen "Theater an der Uni". Bei Zuwiderhandlung droht dem ueTheater ein faktisches Auftrittsverbot durch einen für eine studentische Laiengruppe unbezahlbaren Gebührenaufschlag von mehreren tausend Euro. Daher hat das ueTheater beschlossen, zukünftig auf Werbemittel zu verzichten. Wir sind allein auf Mundpropaganda und die Hilfe von Unterstützer*innen angewiesen."

Glücklicherweise fanden sich genügend solidarische Menschen. Walter Hoffmann schrieb in dem von den Unterstützer*innen herausgegebenen Flyer: "Wir, die Unterstützer des ueTheaters, empfinden das planmäßige, auf finanziellen Ruin des ueTheaters gerichtete Vorgehen des Studentenwerks als niederträchtig und als rechtspopulistischen Angriff auf die Meinungs- und Kunstfreiheit.

Wir haben uns deshalb entschlossen, anstelle des ueTheaters selbst die Aufführungen zu bewerben, damit das ueTheater an der Universität überleben kann, ohne auf seine antifaschistischen Standpunkte verzichten zu müssen." Überraschenderweise behauptet das Studentenwerk dennoch, das studentische Ensemble habe gegen den Vergleich verstoßen, und begründet damit die Räumung.

Strafanzeige

Bereits im Februar reichte das ueTheater beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Normenkontrolle ein. Noch bevor es zu einer Entscheidung kommt, will das Studentenwerk aber offensichtlich Fakten schaffen und dem ueTheater nicht nur jede Möglichkeit einer Weiterarbeit an der Universität nehmen, sondern es auch finanziell ruinieren. Die Forderungen des Studentenwerks gegenüber der studentischen Gruppe ueTheater beläuft sich inzwischen auf rund 19 000 Euro. Das ueTheater wird einstweiligen Rechtsschutz beantragen und zudem Strafanzeige gegen die Geschäftsführung des Studentenwerks, die Stabsstelle für rechtliche Beratung sowie die ehemalige Abteilungsleiterin der Kultur wegen Nötigung und Amtsmissbrauch erstatten.

Zudem fordert es Organisationen wie z.B. KulTÜR auf, sich von dem Kulturzerstörer Studentenwerk zu distanzieren.

Weitere Infos:

ueTheater - Mobiles Schultheater
Ansprechpartner: Kurt Raster
Erikaweg 13
93053 Regensburg
Tel: 0941 / 700 299
www.uetheater.de
kurt.raster@uetheater.de


Theatereingang

Szenenfotos zur letzten Produktion des ueTheaters

"Animal Farm der Demokratie" im Elly Maldaque Theater an der Uni

Im Dezember 2018 war die restlos ausverkaufte Derniere
die letzte Aufführung des ueTheaters an der Universität?

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